Zukunftsfähige Belegschaftsstrukturen in der WoWi

Wohnungsunternehmen stehen vor großen Veränderungen. Dies ist unstrittig und war Thema auf wahrscheinlich allen Verbandstagen des Jahres 2023. Aber mit welchen Belegschaften sollen und können diese Veränderungsprozesse umgesetzt werden? Welche Belegschaftsstrukturen benötigen Wohnungsunternehmen in fünf oder zehn Jahren? Diesen Fragen sind wir in der EBZ Akademie in der Studie Zukunftsfähige Belegschaftsstrukturen in Wohnungsunternehmen gemeinsam mit Prof. Dr. Sascha Armutat von der Hochschule Bielefeld in den letzten Monaten nachgegangen. Die wesentlichen Erkenntnisse habe ich in diesem Blog-Artikel zusammengefasst. Die ausführlichen Studienergebnisse finden Sie unten zum Download.

Warum sollten Wohnungsunternehmen jetzt anfangen, sich mit ihren zukünftigen Belegschaftsstrukturen zu beschäftigen?

Belegschaftsstrukturen in Wohnungsunternehmen können über Rollen bzw. über Rollenbündel definiert werden. Rollen bzw. Rollenbündel werden sich zukünftig anpassen müssen, wenn sich die Aufgaben in Wohnungsunternehmen signifikant verändern (z. B. durch ein modifiziertes Geschäftsmodell) bzw. wenn die Art der Leistungserstellung einem starken Wandel unterworfen wird (z. B. durch Digitalisierung/ KI.). Eine zukunftsorientierte Planung der Belegschaftsstrukturen kann daher nur im Kontext von Unternehmensstrategie und Umfeldveränderung betrachtet werden.

Mit der inhaltlichen Neugestaltung von Rollen verändern sich i. d. R. auch die Kompetenzanforderungen an die Rolleninhaber. Diese neuen Kompetenzen müssen entwickelt bzw. von außen eingekauft werden. Dies benötigt einen gewissen zeitlichen Vorlauf – insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels. Außerdem finden Rollenänderungen immer auch im Kontext einer vorherrschenden Unternehmenskultur statt – und auch Kulturveränderungen brauchen Zeit.

Für den strategischen Einstieg in die Planung zukünftiger Belegschaftsstrukturen bietet sich das Instrument der Strategischen Personalbedarfsplanung an. Abgeleitet aus Zukunftsszenarien und unternehmensstrategischen Überlegungen werden mittelfristige Rollen bzw. Rollenbündel definiert und mit der aktuellen Belegschaftsstruktur abgeglichen.

Belegschaftsstrukturen verändern sich in Abhängigkeit von Geschäftsmodellen und der Art der Leistungserbringung

Das zentrale Geschäftsmodell vieler Wohnungsunternehmen – die Vermietung von Wohnungen – wird sich auch in den nächsten Jahren nicht grundsätzlich verändern. Aber getrieben durch die Megatrends Neo-Ökologie und Digitalisierung werden sich bestehende Geschäftsmodelle inhaltlich verändern (Art der Erstellung und Versorgung von Wohnraum, Digitalisierung von Geschäftsprozessen) bzw. neue Geschäftsmodelle entstehen (z. B. Wohnungsunternehmen als Energie- und Mobilitätsanbieter). Angesichts steigender Kosten und begrenzter Mieterhöhungsmöglichkeiten geraten bestehende Geschäftsmodelle zunehmend ökonomisch unter Druck.

Parallel wird sich die Art der Leistungserstellung ändern: Die gesamte Leistungserstellung wird digitaler, sie findet stärker im Austausch / in Kooperation mit Dienstleistern statt und die Ideengenerierung für zusätzliche Einnahmequellen gewinnt an Bedeutung.

Für eine Branche mit einem relativ statischen Geschäftsmodell und daraus resultierenden konservativen Unternehmenskulturen ist dies eine Herausforderung, die nicht zu unterschätzen ist.

Die Rollen in Wohnungsunternehmen werden digitaler, anspruchsvoller und anders

Rollen in Wohnungsunternehmen werden digitaler

Die aktuellen Digitalisierungstrends werden sich weiter verstärken – insbesondere vor dem Hintergrund von KI und dem sich verstärkenden Fachkräftemangel. Alles, was digitalisiert werden kann, wird irgendwann auch digitalisiert. Dies betrifft grundsätzlich alle Rollen, wobei Rollen im Bereich Vermietungsprozess, Instandhaltung, Rechnungswesen, Beko besonders betroffen sein werden.

Parallel dazu werden die Zusammenarbeit und Kommunikation in der Arbeitsorganisation digitaler – auch getrieben durch Homeoffice.

Hinter jedem Digitalisierungsprojekt stehen Menschen, die diese Projekte auf- und umsetzen. Entweder in einer zentralen Rolle (z. B. als Digitalisierungs-/ Prozessmanager) oder in einer Sonderrolle innerhalb des operativen Business‘ (z. B. in der Technik, im Vermietungsprozess, in der Bauerstellung). Die fortschreitende Digitalisierung wird neue Rollen im Bereich KI / Data-Science und Data Security entstehen lassen.

Rollen in Wohnungsunternehmen werden anspruchsvoller

Aus unterschiedlichen Gründen werden die Anspruchsniveaus für viele Rollen steigen:

  • Führungskräfte benötigen mehr Management-Know-how, um ihr Unternehmen / ihre Bereiche / Abteilungen durch ein komplexer werdendes Umfeld zu steuern.
  • Der gesamte Bau- und Technikbereich wird sich vor dem Hintergrund der Dekarbonisierung permanent mit neuen Technologien und Vorschriften beschäftigen müssen.
  • Es braucht Expertinnen und Experten, die die Dekarbonisierungs- und ESG-Strategien steuern und umsetzen (Klima- oder NachhaltigkeitsmanagerIn) – mit Auswirkungen auf fast alle Teams/ Unternehmensbereiche.
  • Angesichts schwieriger werdender Mietermilieus muss die Bewirtschaftung von Immobilien sozialer / menschlicher werden (Stichwort „Quartiersmanagement“)
  • Der Personalbereich muss Antworten auf den Fachkräftemangel finden, das lebenslange Lernen der Mitarbeitenden und die kulturelle Transformation in den Unternehmen begleiten.

Rollen in Wohnungsunternehmen werden anders

In der Vergangenheit erfolgte die Leistungserstellung in Wohnungsunternehmen im Rahmen eines eher stabilen Geschäftsmodells, mit stabilen Prozessen und in sog. Silostrukturen. Daran wird sich auch in Zukunft grundsätzlich nicht ändern, aber:

  • Die Bedeutung von Projektmanagement und bereichsübergreifender Zusammenarbeit wird steigen. Hierfür braucht es Rollen, die diese neue Art der Zusammenarbeit aufbauen und professionalisieren (Projekt- und Community ManagerInnen).
  • Für viele Unternehmen wird der Wandel zum Normalfall. Dies stellt enorme Herausforderungen für Mitarbeitende und Führungskräfte dar. Change- und KulturmanagerInnen können hier unterstützen.
  • In der aktuellen digitalen und ökologischen Transformation der Wohnungswirtschaft entsteht sehr viel neues Wissen in der Organisation, das dokumentiert und (z. T. unternehmensweit) verteilt werden muss. Auch dieser Prozess muss gesteuert und gemanagt werden (Rolle WissensmanagerIn).
  • Mit dem Entstehen neuer Geschäftsfelder (z. B. im Bereich Energie oder Mobilität) braucht es FachspezialistInnen für diese Themen und ExpertInnen für Business Development.

Angesicht der sinkenden Margen im Kerngeschäft stehen insbesondere kleinere Unternehmen vor der Herausforderung, diese neuen Rollen zu finanzieren und – vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels – zu beschaffen.

Herausforderung für HR

Bei der Gestaltung zukünftiger Belegschaftsstrukturen hat der Bereich Personal / HR eine ganz zentrale Bedeutung, die ich in fünf Punkten zusammenfasse:

  1. Die Erstellung und lfd. Anpassung einer Strategischen Personalbedarfsplanung sollte in der zentralen Verantwortung von HR liegen. Dies zwingt zur Auseinandersetzung mit der Unternehmensstrategie und den Umfeldentwicklungen in der Immobilienwirtschaft – ermöglicht aber gleichzeitig auch eine Aufwertung des Bereichs innerhalb des Unternehmens.
  2. Aufgabe von HR ist die Rekrutierung und das Onboarding der oben genannten SpezialistInnen, die für die Transformation benötigt werden. Besonders herausfordernd ist dabei, dass aktuell fast alle Branchen diese SpezialistInnen suchen. Die Schlüssel liegen in der professionellen Rekrutierung und im Aufbau einer entsprechenden Arbeitgeberattraktivität (Employer Branding).
  3. Die o. g. TransformationsspezialistInnen müssen an das Unternehmen gebunden werden. Der Aufbau von Fach- und Projektkarrieren und das Angebot von Talentprogrammen können hierfür ein probates Mittel sein.
  4. Die Mitarbeitenden müssen auf die im Rahmen der Strategischen Personalbedarfsplanung identifizierten neuen / geänderten Rollen vorbereitet werden. Dies ist eine klassische Domäne von HR. In Zukunft sollte diese Funktion aber noch ausgeweitet werden. Da sich die Rollenanforderungen zukünftig immer wieder und wahrscheinlich auch immer schneller ändern werden, braucht es ein Verständnis und Strukturen für ein permanentes Lernen in Wohnungsunternehmen sowie eine Verzahnung von individuellem und organisationalem Lernen. Dies geht über das klassische Verständnis von Personalentwicklung hinaus.
  5. HR muss zum Gestalter von Veränderungskultur werden. Hierfür braucht es das entsprechende Know-how und die Gestaltungsmöglichkeiten.

Zukunftsfähige Belegschaftsstrukturen in der Wohnungswirtschaft