Die Befragung zur Arbeitgeberattraktivität basiert auf einem Attraktivitätsmodell, das die EBZ Akademie in 2019 gemeinsam mit Prof. Dr. Armutat von der Fachhochschule Bielefeld entwickelt hat. Erstmalig wurde die Befragung in 2019 durchgeführt und wurde nun in 2023 wiederholt. In der Zwischenzeit hat sich die Arbeitswelt auch in Wohnungsunternehmen, insbesondere durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Ausweitung von Homeoffice und hybriden Arbeitsverhältnissen, sehr stark verändert. Daher war es für uns von besonderem Interesse, wie sich diese Entwicklungen auf die Einstellungen zur Arbeitgeberattraktivität ausgewirkt haben.
Zentrale Erkenntnisse aus der Befragung zur Arbeitgeberattraktivität in Wohnungsunternehmen 2023 sind:
1. Zentrale Attraktivitätsfaktoren aus Sicht der aktuellen Belegschaften
• Mit Kultur, Sicherheit + Flexibilität sowie dem Gehalt binden Sie Ihre Mitarbeitenden
Aus Sicht der befragten Belegschaften sind die folgenden Attraktivitätstreiber zentral (Reihenfolge entsprechend der Nummerierung):
- Wertschätzung
- Zugehörigkeit/Zusammenarbeit im Team
- Arbeitsplatzsicherheit
- Flexible Arbeitszeitsysteme
- Konkurrenzfähiges Grundgehalt
Die genannten Attraktivitätstreiber dominieren so auch in anderen aktuellen branchenübergreifenden Befragungen. Insofern hat die Wohnungswirtschaft hier keine Sonderrolle. Die Kultur der gegenseitigen Wertschätzung ist für alle befragten Altersgruppen und Unternehmensbereiche der wichtigste Treiber, insbesondere aber für jüngere Mitarbeitende. Gleiches gilt für die flexiblen Arbeitszeitsysteme. Die Arbeitsplatzsicherheit ist im Vergleich für die älteren Mitarbeitenden (> 50 Jahre) am wichtigsten, während bei der Alterskohorte der 23- bis 35 Jährigen dies das konkurrenzfähige Gehalt ist (Gründe: Familiengründung, Hauskauf u.a.).
Interessant ist, dass Attraktivitätsfaktorenwie Sinn und Nachhaltigkeit zwar für Mitarbeitenden in der Branche wichtig,aber nicht sehr wichtig sind. Bei der Fridays for Future Generation sind die Werte hierfür sogar von allen Alterskohorten am niedrigsten. Dies verwundert auf den ersten Blick, deckt sich aber mit anderen (branchenübergreifenden) Befragungen zur Arbeitgeberattraktivität. Möglicherweise unterscheiden hier die jungen Menschen, was im Privatleben und gesellschaftspolitisch wichtig ist, und was sie von einem Arbeitgeber erwarten. Wenn die oben genannten Attraktivitätsfaktoren für die aktuellen Mitarbeitenden in der Branche so wichtig sind, haben sie eine besondere Bedeutung für die Mitarbeiterbindung. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Mitarbeitende verlassen das Unternehmen, wenn es bei der Unternehmenskultur nicht stimmt, die erwartete Flexibilität nicht gewährleistet ist, der Arbeitsplatz nicht mehr sicher ist und das Gehalt den Erwartungen nicht mehr entspricht. Insbesondere bei den Themen Wertschätzung und Zusammenarbeit lässt sich durch Mitarbeiterbefragungen, Kulturworkshops und Team-/Führungskräfteentwicklungsprogramme gegensteuern.
2. Die Coronakrise hat auch bei der Arbeitgeberattraktivität als Katalysator gewirkt
Die oben genannten fünf zentralen Attraktivitätsfaktoren („Wertschätzung“, „Zugehörigkeit/Zusammenarbeit im Team“, „Arbeitsplatzsicherheit“, „Flexible Arbeitszeitsysteme“ und „Konkurrenzfähiges Grundgehalt“) waren auch schon bei der Befragung der EBZ Akademie in 2019 dominierend, haben in 2023 aber noch einmal höhere Werte erhalten. Insofern hat die Corona-Pandemie auch hier als Katalysator für bereits bestehende Trends gewirkt (ähnlich zum Beispiel wie bei dem Thema Digitalisierung). Besonders stark gegenüber 2019 sind die Werte für die Attraktivitätsfaktoren „Mobiles Arbeiten” und „Zwischenmenschliche Kontakte” gestiegen.
3. Die Arbeitsgeberattraktivität für junge Menschen, Branchenquereinsteiger:innen, Frauen und ältere Mitarbeitende steigern
Bis 2035 wird das Erwerbspersonenpotential in Deutschland von ca. 47 Millionen Personen auf 40 Millionen sinken und damit den aktuellen Fachkräftemangel noch einmal weiter verschärfen. Inwieweit es gelingt, das Fachkräfteproblem über Einwanderung zu lösen, bleibt abzuwarten. Insofern gilt es für Wohnungsunternehmen für jene Personengruppen attraktiv zu sein, die aktuell auf den Arbeitsmarkt strömen (junge Menschen als Auszubildende / Hochschulabsolventen) beziehungsweise die aus der Fachkräftereserve aktiviert werden können (nicht oder nur teilweise erwerbstätige Frauen und ältere Mitarbeitende, die bereits das Renteneintrittsalter überschritten haben). Wohnungsunternehmen sollten bei der Personalakquise und beim Employer Branding auf die spezifischen Attraktivitätspräferenzen dieser Zielgruppen reagieren. So sind zum Beispiel für viele ältere Mitarbeitende Gestaltungsspielräume, eine hohe Jobpassung und die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit wichtig. Für nicht oder nur geringfügig erwerbstätige Frauen sind es flexible Arbeitszeitmodelle, ein konkurrenzfähiges Grundgehalt und eine hohe Arbeitsplatzsicherheit.
Bei jüngeren Menschen erhöhen zusätzlich zu den genannten Attraktivitätsfaktoren das Angebot an Entwicklungsmöglichkeiten sowie Talentprogramme (insbesondere in größeren Wohnungsunternehmen) die Arbeitgeberattraktivität.
4. Zukunftsfähige Wohnungsunternehmen benötigen eine spezifische Arbeitgeberattraktivität für sogenannte „4.0 Mitarbeitende“
Angesicht der großen Herausforderungen, vor denen Wohnungsunternehmen aktuell und zukünftig stehen, reicht es nicht, die Themen Arbeitgeberattraktivität und Fachkräftemangel als singuläre Probleme beziehungsweise Herausforderungen zu betrachten. Vielmehr müssen diese Themen mit der Frage verbunden werden, welche Mitarbeitenden in den Wohnungsunternehmen die anstehenden Transformationen vorantreiben sollen. Dies sind Mitarbeitende, die sich durch einen Gestaltungswillen, Neugierde, ein Growth-Mindset sowie Umsetzungsstärke auszeichnen, die in Netzwerken und Projekten arbeiten können und wollen und für die permanentes Lernen und Innovationen Teil ihrer DNA sind. Wir haben diese Mitarbeitenden in diesem Whitepaper „4.0 Mitarbeitende“ genannt.
Für Wohnungsunternehmen ist es zentral, für diese Personengruppen attraktiv zu sein. Zum einen, um „4.0 Mitarbeitende“ einzustellen, zum anderen um bereits beschäftigte „4.0 Mitarbeitende“ auf Dauer bzw. für eine längere Zeit an das Unternehmen zu binden. Es reicht daher nicht, eine Arbeitgeberattraktivität ausschließlich auf den Faktoren Kultur, Sicherheit, Flexibität und Gehalt aufzubauen. Diese sind notwendig, aber nicht hinreichend. Ergänzt werden muss dieser Ansatz um eine spezifische Arbeitgeberattraktivität für die so wichtigen „4.0 Mitarbeitenden“. Für ihre Zukunftsfähigkeit müssen Wohnungsunternehmen daher glaubwürdig in Themen wie z.B. Sinn/ Purpose, New Work, Future Skills sowie Lernende Organisation investieren und dies in einem Employer Branding Ansatz nach innen und außen kommunizieren.