New Learning, Wissensmanagement, VUCA-Welt

Wohnungsunternehmen stehen aktuell vor riesigen Herausforderungen. Klimaneutrale/klimaresiliente Quartiere, bezahlbarer Wohnraum, steigende Zinsen- und Baukosten, eine hektische und zum Teil unberechenbare Politik sind hierfür die allseits bekannten Schlagworte. Für den Arbeitsalltag in Wohnungsunternehmen bedeutet dies ein Mehr an Unsicherheit, Dynamik, Komplexität (sog. VUCA-Welt) und damit die Notwendigkeit, in immer schnelleren Zyklen neues Wissen zu erwerben und die Mitarbeitenden auf diese neue Arbeitswelt vorzubereiten.

Damit kommt das klassische Verständnis von Weiterbildung und Personalentwicklung, wie es noch in vielen Personalabteilungen vorherrscht, an Grenzen. Es braucht vielmehr neue Ansätze, die den Realitäten der Arbeitswelt 4.0 gerecht werden, und einen ganzheitlichen Blick auf Weiterbildung, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung ermöglichen.

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Konsequenzen für Personal- und Organisationsentwicklung

1. Upskilling und Wissensmanagement

Mitarbeitende müssen sich schnell und einfach in neues Wissen einarbeiten können (Upskilling). Neues Wissen (von außerhalb und innerhalb der Organisation) muss generiert werden, für alle transparent gemacht und im Unternehmen verteilt werden (Wissensmanagement).

2. Vernetzung und Projektarbeit

In der Arbeitswelt 4.0 bekommen die klassischen Silostrukturen in der Organisation Löcher. Bereichsübergreifende Vernetzung (inkl. des damit einhergehenden Informationsaustausches) und Projektarbeit sind hierfür die Gründe.

3. Future Skills

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Future Skills (Metakompetenzen) – Empowerment der Mitarbeitenden

In der VUCA-Welt und vor dem Hintergrund einer permanent sinkenden Halbwertzeit von Wissen werden sog. Future Skills wie z.B. Selbstlernkompetenzen, Selbststeuerungskompetenzen, Vernetzungs- und Projektmanagementkompetenzen immer wichtiger. Sie ermöglichen die notwendige Anpassungsfähigkeit der Mitarbeitenden an ein sich permanent änderndes Arbeitsumfeld und werden damit zum Garanten für die dauerhafte Arbeitsfähigkeit (Employability) in der Arbeitswelt 4.0.

4. Organisationale Verankerung von Lernen / Lernende Organisation

Vor dem Hintergrund der eingangs skizzierten Herausforderungen in der Wohnungswirtschaft reicht es nicht, wenn nur Mitarbeitenden „anpassungsfähig“ werden. Die gleiche Anforderung gilt auch für Organisationen. Ein Modell für eine zukunftsfähige, d.h. anpassungsfähige Organisation haben wir im Blogbeitrag Fit für eine unbekannte Zukunft – von der Kunst, ein anpassungsfähiges Unternehmen zu werden ausführlich beschrieben.

Heruntergebrochen auf den Bereich des Lernens bedeutet dies, dass wir die Themen Lernen und Personalentwicklung immer auch im Kontext Organisation betrachten müssen. Ich möchte dies anhand von zwei Beispielen erläutern:

  • Angesichts steigender Fluktuationsraten in der Wohnungswirtschaft und vor dem Hintergrund einer massiv ansteigenden Verrentung der Baby Boomer Generation in den nächsten Jahren reicht es nicht, wenn das Wissen nur in den Köpfen der Mitarbeitenden liegt. Mit jedem Austritt würde die Organisation wertvolles Wissen verlieren. Daher braucht es eine Verzahnung von persönlichem Lernen mit der Organisation. (Beispielsweise können Inhalte aus einem besuchten Seminar regelmäßig intern weitervermittelt und die Unterlagen zentral abgelegt werden. Die Implementierung von digitalen Prozesshandbüchern, Lernmanagementsystemen oder Wikis wären weiterführende Schritte.)
  • Für erfolgreiche Projekte in Wohnungsunternehmen reicht es nicht, wenn einzelne Mitarbeitende über entsprechende Projektmanagementkompetenzen verfügen. Zusätzlich braucht es immer auch Regel und Prozesse für Projektmanagement in der Organisation und eine projektförderlicher Unternehmenskultur. Also wieder die Verbindung von persönlichen Kompetenzen und organisationaler Verankerung.

New Learning – Wir brauchen ein neues Verständnis von Lernen in Wohnungsunternehmen

Seit einiger Zeit wird in der Wissenschaft und in Unternehmen viel darüber diskutiert, wie sich Weiterbildung und Personalentwicklung transformieren müssen, um den o.g. Anforderungen in der heutigen Arbeitswelt gerecht zu werden. Entsprechende Konzepte firmieren häufig unter den Schlagworten New Learning, Neues Lernen oder auch agiles Lernen.

So beschreiben z.B. Jan Foelsing und Anja Schmitz in ihrem Buch „New Work braucht New Learning“ aus dem Jahr 2021 folgende Merkmale von New Learning:

  • Selbstverantwortliches und selbstgesteuertes Lernen
  • Bedürfnisorientiertes Lernen
  • Exploitatives Lernen (das Bestehende optimieren) und exploratives Lernen (etwas Neues und Innovatives lernen)
  • Arbeitsintegriertes und erfahrungsbasiertes Lernen
  • In Netzwerken lernen
  • Sozialer Austausch und kollaboratives Lernen
  • Reflexives Lernen
  • Lernen über unterschiedliche Kanäle und Formate

New Learning – Erste konkrete Ansätze in Wohnungsunternehmen

Dies alles hat wenig mit dem seminaristischen und curricularem Lernen zu tun, wie wir es aus der klassischen Weiterbildung kennen. Auch wenn diese Formate ihre Bedeutung nicht verlieren werden, so braucht es in dem gegenwärtigen Transformationsprozess doch eine intensivere Verzahnung von Lernen mit den konkreten Herausforderungen im Arbeitsalltag sowie eine Orientierung von Lernen an den konkreten Bedürfnissen und Erfahrungen der Mitarbeitenden.

Erste (ausgewählte) Schritte für New Learning und Wissensmanagement in Wohnungsunternehmen:

  1. Einführung eines zentralen Lernmanagementsystems oder anderer Plattformen zur strukturierten Verteilung von Wissen (eingekaufter Content, selbst produzierter Content)
  2. Mitarbeitende mit Expertenwissen im Unternehmen sichtbar machen und Anlässe schaffen, wo sie ihr Wissen teilen können (z.B. interne Dozententätigkeit)
  3. Veranstaltungen im Unternehmen initiieren, die den bereichsübergreifenden Austausch von Wissen ermöglichen (Bsp.: Lunch & Learn, Barcamps)
  4. Feste Communities/ Netzwerke aufsetzen, um den Wissenstransfer im Unternehmen zu fördern (z.B. Wissen im Bereich Klimaneutralität, Wissen über neue Bauprojekte und Gebäudetechnologien, Tipps und Tricks zu Microsoft365). Beispielsweise durch sog. Communities of Practice.
  5. Prozesswissen in Prozessbeschreibungen und Lernvideos zentralisieren und on demand abrufbar machen (z.B. für Onboarding-Prozesse, für das Lernen bei on demand)
  6. Lernen und Persönlichkeitsentwicklung zum Thema im Unternehmen machen (z.B. im Rahmen von Mitarbeiter-/ Feedback- Gesprächen, Aufbau einer Toolbox-Sammlung mit Lernhacks)
  7. Etablierung von strukturierten Onboarding-Prozessen, die auch die mehrmonatige Einarbeitung im Fachbereich beinhalten.
  8. Erfahrungslernen ermöglichen und fördern, z.B. in dem die Retrospektive zu einem festen Bestandteil in Projekten wird (ähnlich den Ansätzen aus dem Agilen Projektmanagement)

Damit die o.g. Ansätze nicht schnell wieder im Sande verlaufen, braucht es eine klare Verantwortung im Unternehmen für New Learning. Dies kann zur Aufgabe von Mitarbeitenden aus der Personalentwicklung werden oder es werden entsprechende Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in den Fachbereichen aufgebaut. Letzteres ist besonderes sinnvoll, denn schließlich können die Fachbereiche am besten einschätzen, was gelernt werden soll und den Lernprozess ihrer Mitarbeitenden fördern und monitoren. In einigen Unternehmen gibt es hierfür bereits das Modell von sog. Corporate Learning Professionals.

Dabei übernehmen PersonalentwicklerInnen/Corporate Learning Professionals häufig folgende Aufgaben im New Learning (siehe auch Nele Graf, Denise Gramß, Frank Edelkraut. Agiles Lernen: Haufe Verlag, 2022)

  1. Stratege: Übersetzung der Unternehmensstrategie in Strategien zur Kompetenzentwicklung
  2. Förderer: Entwicklung einer neuen Lernkultur im Unternehmen und unterstützen die Führungskräfte bei dieser Aufgabe
  3. Broker: Ermöglichen einen verbesserten Zugriff auf Informationen im Rahmen eines Wissensmanagements und Unterstützung beim Aufbau von Communities und Lernpartnern im Unternehmen.
  4. Lerncoach: Sie helfen Mitarbeitenden bei der Entwicklung von (Selbst-)Lernkompetenzen

Die Einführung von New Learning ist immer auch ein Veränderungs- und Kulturthema. Deshalb sind kleine, niedrigschwellige Schritte und Methoden zu empfehlen. Verbunden mit der Partizipatoin und Einbindung der Mitarbeitenden und Führungskräfte. Und wie bei einem guten Wein braucht alles seine Zeit, um reifen zu können.

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