Fachkräftemangel und demografische Verschiebungen stellen Unternehmen vor immense Herausforderungen. Entscheidungsträger sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit ihre Organisation dem Wandel und der Veränderung erfolgreich begegnen kann.
Diese Entwicklungen vollziehen sich in einer zunehmend komplexen und unsicheren Welt, die der Zukunftsforscher Jamais Cascio als „BANI-Welt“ (Brittle, Anxious, Non-linear, Incomprehensible) beschreibt. Während das Konzept der „VUCA-Welt“ den Fokus auf Veränderungen legte, betont die BANI-Welt die Zerbrechlichkeit von Systemen (Brittle), die Ängstlichkeit in Entscheidungsprozessen (Anxious), die Nichtlinearität von Entwicklungen (Non-linear) und die Unbegreiflichkeit vieler Zusammenhänge (Incomprehensible). In dieser Welt wird Resilienz zu einer Schlüsselkompetenz für Organisationen.
Was ist organisationale Resilienz?
Organisationale Resilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, sich proaktiv an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und gleichzeitig langfristige Stabilität zu gewährleisten. Sie bedeutet, stabilisierende und dynamisierende Faktoren achtsam und mit Augenmaß auszubalancieren, sodass eine gesunde und nachhaltige (Über-)Lebensfähigkeit ermöglicht wird.
Anpassungsfähigkeit an Umfeldveränderungen
Zukunfts- und Gestaltungsorientierung (growth Mindset)
Agiles und achtsames Ausbalancierung von dynamisierenden und stabilisierenden Faktoren in der Organisation
Berücksichtigung Strategie, Struktur und Kultur (Systemdenken)
Belastbarkeitsfaktoren sind wichtiger als Effizienzfaktoren
Emergenz („etwas Neues entstehen lassen“) fördern und anerkennen
Wodurch unterscheiden sich organisationale und individuelle Resilienz?
Resilienz wird auf zwei Ebenen betrachtet:
Individuelle Resilienz
Sie beschreibt die Fähigkeit von Mitarbeitenden, Herausforderungen zu bewältigen und sich an veränderte Bedingungen anzupassen. Diese Resilienz ermöglicht es, in schwierigen Situationen auf vorhandene Kräfte und Ressourcen zurückzugreifen, sich rasch anzupassen und zuversichtlich nach vorne zu blicken. Neben der Widerstandskraft ist die Fähigkeit zur gestalterischen Erneuerung entscheidend.
Organisationale Resilienz
Organisationale Resilienz umfasst Strukturen, Prozesse und kulturelle Werte, die ein Unternehmen widerstandsfähig machen. Die Entwicklung der individuellen Resilienz von Mitarbeitenden und Führungskräften erhöht jedoch nicht automatisch die Resilienz der Organisation. Vielmehr braucht es eine ehrliche und mutige Auseinandersetzung mit den eigenen Kultur-, Struktur- und Prozessfragen im Zusammenspiel mit den Anforderungen der Zeit.
Handlungsfelder für organisationale Resilienz (DIN ISO 22316)
Die DIN ISO 22316 beschreibt neun zentrale Handlungsfelder für resiliente Organisationen. Diese werden im Kontext der Wohnungswirtschaft wie folgt spezifiziert:
Umfeld verstehen und beeinflussen
Resiliente Wohnungsunternehmen sind in der Lage, auf externe Herausforderungen wie Digitalisierung, KI, Klimaneutralität, Bautechnologien oder gesellschaftliche Veränderungen flexibel zu reagieren. Dafür müssen sie kontinuierlich mit ihrem Umfeld in Kontakt stehen, um frühzeitig relevante Einflüsse zu identifizieren und darauf zu reagieren. Ein regelmäßiger Dialog innerhalb der Branche (z. B. DigiWoh, IW2050, Verbände, Akademien) sowie systematischer Austausch mit Dienstleistern, Mietervertretern und Start-ups bietet wertvolle Hinweise auf Veränderungen im Umfeld.
Antizipation und Management von Veränderungen
Eine resiliente Organisation antizipiert potenzielle Veränderungen und reagiert proaktiv darauf. Die bloße Kenntnisnahme von Umfeldveränderungen, z. B. durch den Besuch externer Fachkongresse, reicht nicht aus. Wichtig ist eine aktive und systematische unternehmensinterne Auseinandersetzung mit relevanten Trends, etwa durch Zukunftswerkstätten und PESTEL-Analysen. Auch regelmäßiges „Hineinhören“ in die Organisation ist essenziell, da operativ tätige Mitarbeitende häufig frühzeitig Veränderungen erkennen können („das Gras wachsen hören“).
Geteilte Vision und klares Zielbild
Eine resiliente Organisation benötigt eine klare Vision, die auf allen Hierarchieebenen verstanden und geteilt wird. Gemeinsame Ziele und Werte schaffen Orientierung und fördern das Verständnis aller Mitarbeitenden. Methoden wie OKR (Objectives and Key Results) beschleunigen die operative Umsetzung strategischer Ziele und erhöhen deren Verbindlichkeit.
Koordination und bereichsübergreifende Zusammenarbeit
Viele Herausforderungen, wie Klimastrategien, Digitalisierungsprojekte oder Nachhaltigkeitsberichterstattung, können nur bereichsübergreifend oder in crossfunktionalen Teams bewältigt werden. Die Überwindung traditioneller Silostrukturen und eine gestärkte bereichsübergreifende Zusammenarbeit erhöhen die Anpassungsfähigkeit und Resilienz von Wohnungsunternehmen.
Effektive und ermutigende Führung
Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung organisationaler Resilienz. Sie müssen rasche und fundierte Entscheidungen treffen, das Unternehmen durch unsichere Zeiten führen und als Vorbilder agieren. Resiliente Führung basiert auf Vertrauen, Transparenz und einer Kultur der Zusammenarbeit (psychologische Sicherheit).
Information und Wissen teilen
Effektive Kommunikation und ein gezielter Wissensaustausch sind essenziell für Resilienz. Informationsströme müssen klar strukturiert und systematisiert sein. Formate wie bereichsübergreifende Jour-fixe, Shadowing-Programme, interne Marktplätze, Technikertage oder digitale Tools wie Microsoft 365 und Wissensmanagementsysteme fördern den Austausch und sichern das Wissen im Unternehmen.
Kultur der kontinuierlichen Verbesserung
Eine resiliente Organisation reflektiert systematisch ihre Projekte und Maßnahmen, um aus Erfahrungen zu lernen und Chancen zu erkennen. Retrospektiven, Teamevents und regelmäßige Evaluierungen fördern die Weiterentwicklung. Gleichzeitig stärkt eine strukturierte Förderung von Lernbereitschaft und neuen Kompetenzen die Anpassungsfähigkeit der Mitarbeitenden.
Resilienzfördernde Kultur
Eine resilienzfördernde Kultur basiert auf Offenheit, Lernen und Anpassungsfähigkeit. Psychologische Sicherheit, eine konstruktive Fehlerkultur und Freiraum für Experimente unterstützen den Erwerb neuer Kompetenzen. Ein Growth Mindset und gezielte Kulturworkshops stärken Werte und Verhaltensweisen.
Verfügbarkeit von Ressourcen
Die Sicherstellung notwendiger Ressourcen – finanziell, personell und materiell – ist essenziell. Belastbarkeit hat Vorrang vor reiner Effizienz. „Kaputtgesparte“ Organisationen sind in Krisensituationen oft nicht widerstandsfähig genug.
Fazit: Resilienz als strategische Kernkompetenz
Organisationale Resilienz ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Zukunft der Wohnungswirtschaft. Sie geht über reine Krisenbewältigung hinaus und sichert langfristig die Überlebens- und Wettbewerbsfähigkeit. Wohnungsunternehmen, die Resilienz systematisch fördern, schaffen die Grundlage für nachhaltiges Wachstum und eine aktive Gestaltung der Zukunft.
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